„Hauptsache gesund!“

„Bist Du gesund?“ - Wie bleibe ich gesund? Das sind doch die derzeit unser Denken bestimmenden Themen. Täglich erfahren wir in den Medien den neuesten „Corona oder Covid 19“- Stand der Infizierten, Erkrankten und Gestorbenen. Irgendwann wird man davon beeinflusst, verunsichert, geängstigt. Lassen Sie uns doch ein paar Gedanken dazu betrachten. Was ist „Gesundheit“ eigentlich?

Nach der Definition der WHO von 1946 ist „Gesundheit . . . ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“

Dies ist, meines Erachtens, ein vollkommen unrealistischer Anspruch und Idealbegriff, welcher in seiner Anspruchshaltung extrem stressen und unter Druck setzen kann. Wer wäre denn dann noch gesund? Jegliches Missempfinden, jede stärkere Stimmungsschwankung oder eine als nicht optimal angesehene soziale Situation lässt uns „krank“ und somit nicht „o.k.“ erscheinen. Niederdrückend, besorgniserregend, weil unerreichbar?

Eine völlig andere Definition hingegen ist die des Mediziners und Theologen Dietrich Rössler:

„Gesundheit ist nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen, sondern die Kraft mit ihnen zu leben.“

Was bedeutet dies im konkreten Alltag? Wenn ich für mich begreife, dass körperliche Missempfindungen, Erkrankung, generell Schwierigkeiten in einer Lebenssituation natürlicher Bestandteil menschlichen Lebens sind, die es, als eine Aufgabe des Lebens, zu bewältigen gibt, dann verändert es meine Einstellung und den Umgang damit. Gesundheit ist dann nicht mehr eine zu fordernde Selbstverständlichkeit, deren Fehlen die absolute Katastrophe ist. Ich entdecke, dass Leben viel mehr beinhaltet als die Sorge (und Panik) um die Aufrechterhaltung meiner absoluten Gesundheit. Menschliches Leben umfasst Aktivität und Selbstbestimmung, gelebte Beziehung und Hingabe, Erleben kleiner Glücksmomente, religiöse Erfahrungen, . . . Auch das Wissen um unsere Endlichkeit lässt uns doch den Moment unseres Lebens unendlich kostbar werden. Der lateinische Sinnspruch des antiken Dichters Horaz (um 23 v. Chr.) „Carpe diem“ – „nutze den Tag“ auch „pflücke den Tag“ übersetzt, gibt uns hier Anstoß zum Nach- und Umdenken. Heute ist der erste Tag meines restlichen Lebens, diese >Heute< gilt es zu leben. Für mich bedeutet dies, den heutigen Tag als Geschenk des Lebens an mich, als geschenkten Tag Gottes, zu betrachten, mich daran zu erfreuen, das Beste aus diesem Tag zu machen. Dies bedeutet auch, aus den Situationen und Umständen das Beste zu machen, die mir nicht gefallen, die mich bedrücken, belasten oder auch nur nerven. Damit gebe ich den Dingen eine andere Bedeutung, einen anderen Stellenwert. Ich lenke meine Blicke auf ein großes Ganzes, weg von meinem kleinen begrenzten Universum.

Manchmal lässt mich das schmunzelnd auf mich selbst blicken und ich gewinne Abstand zu mir selbst und dadurch auch wieder innere Freiheit und Kraft. Ich lasse mich nicht mehr durch jede „Corona-Apokalypsenmeldung“ aus der inneren Bahn, dem inneren Gleichgewicht werfen. Für diese Änderung meines Denkens und meiner Blickrichtung ist mir immer wieder der 1740 geborene Dichter Matthias Claudius Vorbild und Trost.

  1. Claudius, der mit 11 Jahren den Tod seiner 2jährigen Schwester Lucia, wenige Tage später den Tod seines 5-jährigen Bruders Lorenz und 2 Monate später den Tod seines Halbbruders Friedrich erleben musste. Mit diesem Verlust auch das große unaussprechliche Leid der Eltern erfuhr. Mit 14 Jahren Vollweise musste er mit 20 Jahren den Tod seines geliebten Bruders Josias verkraften und für diesen die Traueransprache halten. Als kurz nach der Geburt auch sein zweites Kind verstarb, soll er seiner Frau in ihrem Kummer und Verzweiflung das Lied „Geh aus meinem Herz und suche Freud“ des Liederdichters Paul Gerhard gesungen haben. Als Hilfe und Trost in allem Kummer. Legende oder Wahrheit – Impuls ist, dass ich in Zeiten großer Not, Kummer oder Verzweiflung Trost in den ewigen Ordnungen und Schönheit von Gottes Schöpfung finden kann, meiner Seele Trost zuspreche und die Blickrichtung auf Schönes wende.

 

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen Trost und einen neuen Blick in Zeiten der „Gesundheitssorge“   

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